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Schweizer Einfluss in der europäischen Energiepolitik sinkt

© Schweizerischer Nationalfonds (SNF)© Schweizerischer Nationalfonds (SNF)

St. Gallen – Die Schweiz war lange Zeit wegen der besonderen geographischen Lage eine internationale Drehscheibe für Strom mit hohem Einfluss. Doch wegen der stockenden EU-Verhandlungen manövriert sich die Schweiz nach einer Studie zunehmend ins Abseits.

Seit 2007 laufen die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz über ein Stromabkommen. Politische Probleme bereitet das übergeordnete Rahmenabkommen EU-Schweiz. Die Folgen eines Scheiterns haben Forschende der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und der Universität St.Gallen im Rahmen des "Nationalen Forschungsprogramms Energie" untersucht und die Effekte auf den Schweizer Stromsektor, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und das Erreichen der Klimaziele beleuchtet.

Die Schweiz steckt in der Verhandlungsfalle – institutionelles Abkommen findet in der Schweiz keine Mehrheit
Alle in die Verhandlungen involvierten Akteure befürworten im Interesse der Versorgungssicherheit den Abschluss eines Stromabkommens zwischen der Schweiz und der EU. Ein solches Abkommen würde den grenzüberschreitenden Stromhandel regeln, die Sicherheitsstandards harmonisieren, den freien Marktzugang ermöglichen sowie eine Mitarbeit der Schweiz in den verschiedenen europäischen Regulierungsgremien erlauben, teilte der Schweizerische Nationalfonds (SNF) mit. Das Kernproblem: Aktuell betrachtet die EU den Abschluss eines (übergeordneten) institutionellen Rahmenabkommens, das eine dynamische Rechtsübernahme einschliesst, als Voraussetzung für ein sektorielles Stromabkommen. Parteipolitische Stimmungen in der Schweiz gegen ein solches institutionelles Abkommen blockieren derzeit eine Umsetzung des seit November 2018 vorliegenden Vertragsentwurfs zwischen der EU und der Schweiz.

Zwei Vertrags-Szenarien zeigen Auswirkungen auf die Schweiz
Die Forschenden haben vor dem genannten Hintergrund die politischen und ökonomischen Effekte von zwei gegensätzlichen Szenarien untersucht: direktes bilaterales Stromabkommen (EU-Vertrag) und ein „indirektes“ Szenario, bei dem zwar kein Stromabkommen angenommen wird, aber eine autonome Anpassung an den europäischen Rechtsrahmen durch die Schweiz erfolgt. Im Ergebnis ist in beiden Szenarien die Versorgungssicherheit mindestens bis 2030 ausreichend. Auch ohne ein bilaterales Abkommen bleiben die physischen Verbindungen mit dem europäischen Strommarkt bestehen. Problematischer und schwieriger werden der Handel und die Balancierung des Netzes durch Swissgrid, so die Studie. Des Weiteren wird ohne Abkommen der Schweizer Energiesektor insgesamt ein höheres Handelsdefizit von einigen hundert Millionen Schweizer Franken pro Jahr bis zu einer Milliarde CHF im Jahr 2030 aufweisen.

Höhere Strompreise für Verbraucher in der Schweiz erwartet
Die Verbraucher werden im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn einen signifikanten Aufschlag auf die Strompreise tragen müssen, der bis zum Jahr 2030 15-20 CHF pro MWh erreichen könnte. Die Simulation zeigt zudem keine Auswirkungen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz. Ohne ein Stromabkommen könnte es jedoch in der Schweiz zu Investitionen in Gaskraftwerke kommen, insbesondere wenn der Ausbau erneuerbarer Energien nicht stark politisch unterstützt und damit forciert wird. "Die Schweiz ist abhängiger von der EU geworden, umgekehrt gilt dies immer weniger. Ohne ein Stromabkommen droht ein weiterer Ausschluss der Schweiz bei der Regelung zentraler Energieangelegenheiten", beschreibt Matthias Finger von der EPFL die aktuelle Entwicklung.

© IWR, 2019


09.12.2019

 



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