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Forschende wandeln Kohlendioxid aus der Luft zurück in festen Kohlenstoff

© Markus Breig© Markus Breig

Karlsruhe – Bei der Verbrennung fossiler Energien entsteht unerwünschtes Kohlendioxid, das anschließend regelmäßig in die Atmosphäre gelangt. Forschende gehen in einer Versuchsanlage den umgekehrten Weg und können mit dem CO2 aus der Luft einen stabilen Kohlenstoff flexibel konfigurieren und produzieren. Jetzt soll das Verfahren skaliert werden.

Im Forschungsprojekt Necoc hat das Karlsruher Institut für Technologie (KI) zusammen mit Industriepartnern ein Verfahren entwickelt, das negative Emissionen mit der Produktion eines Hightech-Rohstoffs verbindet. Im nächsten Schritt soll die Methode energetisch optimiert und die Anlage skaliert werden.

CO2-Nutzung aus der Atmosphäre - postfossile Rohstoffversorgung
Die Verbrennung fossiler Energien auf dem blauen Planeten ist gigantisch. Dabei werden fossile Energien nicht nur für die energetische Nutzung, sondern auch als stoffliche Ressource (z.B. für Kleidung, Arzneimittel, etc.) benötigt. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssen nach Empfehlungen des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change,IPCC) nicht nur die Emissionen reduziert, bereits ausgestoßenes CO2 muss danach aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft gespeichert werden.

„Damit industrielle Produktion trotzdem möglich bleibt, müssen wir technologisch ganz neue Wege gehen“, sagt Dr. Benjamin Dietrich vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik (TVT) des KIT. „Das gilt auch für die Bereitstellung von Kohlenstoff in der Industrie. Benötigt wird dieser bei der Produktion von Batterien, in der Farbindustrie, im Agrarsektor oder auch bei der Herstellung von Baustoffen. Bislang stammt er meist aus fossilen Quellen.“

Im Forschungsprojekt Necoc (NEgative CarbOn dioxide to Carbon) werden negative Emissionen mit der Produktion eines Hightech-Rohstoffs Kohlenstoff verknüpft.

Erste Versuchsanlage im Containermaßstab produziert festen Kohlenstoff
In einer ersten Projektphase hat das Forschungsteam eine Versuchsanlage im Containermaßstab aufgebaut, die nun in Betrieb gegangen ist. Im kontinuierlichen Betrieb entfernt diese erste Ausbaustufe jeden Tag knapp zwei Kilogramm CO2 aus der Umgebungsluft und produziert daraus 0,5 Kilogramm festen Kohlenstoff.

Im Necoc-Verfahren werden drei Prozessschritte kombiniert: Im ersten Schritt wird mit einem Adsorber das CO2 aus der Umgebungsluft abgetrennt. Im zweiten Schritt wird es in einem mikrostrukturierten Reaktor mit grünemWasserstoff aus einem angeschlossenen Elektrolyseur zur Reaktion gebracht. Dabei entsteht aus dem CO2 nun Methan (CH4) und Wasser. Das Wasser fließt zurück in den Elektrolyseur, das Methan in einen Reaktor mit flüssigem Zinn. Im dritten Verfahrensschritt kommt es dort zur Pyrolysereaktion, die Methanmoleküle werden aufgespalten. Dabei entsteht Wasserstoff, der wieder zur Auftrennung von CO2 im Prozess verwendet wird.

Übrig bleibt Kohlenstoff, der als mikrogranulares Pulver auf dem Zinn schwimmt und mechanisch kontinuierlich abgetrennt wird. Durch Änderung von Prozessparametern wie dem Temperaturniveau können dabei unterschiedliche Kohlenstoffmodifikationen wie Graphit, Carbon Black oder sogar Graphen hergestellt werden.

Nächste Schritte für industriellen Einsatz: Optimierung und Skalierung
Mit dem Start der Versuchsanlage ist ein wichtiger Meilenstein erreicht. In einer zweiten Projektphase soll das Necoc-Verfahren nun für eine erweiterte Ausbaustufe skaliert und optimiert werden. „Wir wollen das Verfahren noch energieeffizienter machen, indem wir die Rückgewinnung von Prozesswärme verbessern“, sagt Projektleiter Dr. Leonid Stoppel vom Karlsruher Flüssigmetalllabor KALLA. „Außerdem betrachten wir die Integration von Hochtemperatur-Wärmespeichern und die direkte Einbindung solarer Wärme.“

Auch die Einbindung von CO2-Punktquellen, neuartige Ansätze zur Entnahme des CO2 aus der Luft sowie der Einfluss von Spuren- und Begleitkomponenten aus dem Prozessverbund auf die Kohlenstoffqualität sollen analysiert werden.

Über das Projekt Necoc
Im Forschungsprojekt Necoc entsteht ein klimafreundliches Verfahren mit negativen Emissionen zur Herstellung des Hightech-Rohstoffs Kohlenstoff aus atmosphärischem CO2 als Baustein einer Carbon-Management-Strategie. Projektstart war Ende 2019, nach deren erfolgreicher Erprobung im Einzelbetrieb wurde 2022 der Anlagenverbund realisiert und Anfang Dezember in Betrieb genommen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert das Vorhaben mit 1,5 Millionen Euro.

Am KIT beteiligen sich das Karlsruher Flüssigmetalllabor (KALLA) als Einrichtung des Instituts für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) sowie das Institut für Thermische Verfahrenstechnik (TVT). Projektpartner sind die Ineratec GmbH, eine Ausgründung des KIT, und die Climeworks Deutschland GmbH.

© IWR, 2022


07.12.2022

 



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