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Neue MIT-Technologie: Natrium-Luft-Brennstoffzelle könnte elektrische Luftfahrt revolutionieren

© Gretchen Ertl© Gretchen Ertl

Cambridge, USA – Die Elektrifizierung der Luftfahrt gilt als eine der größten Herausforderungen der Energiewende – zu schwer, zu ineffizient, zu teuer, so lauteten bisher die Argumente. Besonders der limitierende Faktor der Energiedichte stand dem Einsatz elektrischer Antriebe in Flugzeugen bislang entgegen. Doch eine neu entwickelte Natrium-Luft-Brennstoffzelle könnte das ändern.

Forschende am Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben eine neuartige Natrium-Luft-Brennstoffzelle entwickelt, die dreimal so viel Energie pro Kilogramm liefert wie heutige Lithium-Ionen-Akkus – und dabei sogar CO2 aus der Atmosphäre binden kann. Ein Durchbruch für Kurzstreckenflüge mit Elektroflugzeugen, da emissionsfreies Fliegen damit in wirtschaftliche Reichweite rücken könnte.

Durchbruch in der Luftfahrt? Brennstoffzelle mit dreifacher Energiedichte zu Lithium-Ionen
Ein Forscherteam am MIT hat ein neues Brennstoffzellenkonzept vorgestellt, das nach Einschätzung von Projektleiter Yet-Ming Chiang, Professor für Materialwissenschaften und Ingenieurwesen am MIT, das Potenzial hat, den Weg zur elektrischen Luftfahrt zu ebnen. Die Besonderheit: Als Energieträger dient flüssiges Natrium – ein preiswerter, weit verbreiteter Rohstoff, der aus gewöhnlichem Kochsalz gewonnen werden kann. Die andere Seite der Brennstoffzelle besteht lediglich aus Umgebungsluft. Dazwischen befindet sich eine Schicht aus festem keramischem Material, die als Elektrolyt dient und den freien Durchtritt von Natriumionen ermöglicht. Eine poröse Elektrode, die zur Luftseite hin ausgerichtet ist, unterstützt die chemische Reaktion des Natriums mit dem Sauerstoff und erzeugt dabei elektrische Energie.

Indem die Forscher dasselbe grundlegende elektrochemische Konzept nutzten, es jedoch nicht als Batterie, sondern als Brennstoffzelle umsetzten, konnten sie die Vorteile der hohen Energiedichte in eine praktikable Form bringen. Anders als bei einer Batterie, deren Materialien einmal zusammengesetzt und in einem Behälter versiegelt werden, fließen bei der Konstruktion als Brennstoffzelle die energietragenden Stoffe ein und aus.

„Wir erwarten, dass die Leute diese Idee für völlig verrückt halten. Wenn sie das nicht täten, wäre ich fast enttäuscht – denn wenn etwas anfangs nicht völlig verrückt klingt, wird es wahrscheinlich auch nicht besonders revolutionär sein“, so Chiang über die Neuentwicklung.

In Labortests erreichte der Prototyp nach Angaben der Forscher eine Energiedichte von über 1.500 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) auf Zellenebene – das entspricht einem realistischen Systemwert von rund 1.000 Wh/kg, also dem Dreifachen heutiger Lithium-Ionen-Akkus.

Emissionsfrei fliegen – und nebenbei CO2 aus der Atmosphäre entfernen?
Die Innovation bietet nicht nur hohe Energiedichte, sondern auch einen potenziell klimapositiven Nebeneffekt. Beim Betrieb der Brennstoffzelle entsteht als „Abgas“ Natriumoxid, das spontan mit Luftfeuchtigkeit reagiert und schließlich CO2 aus der Atmosphäre bindet – in Form von Natriumcarbonat und weiter zu Natriumhydrogencarbonat, besser bekannt als Backpulver.

„Es gibt eine natürliche Reaktionskaskade, wenn man mit Natriummetall beginnt“, so Chiang. „Das passiert alles spontan. Wir müssen nichts dafür tun – wir müssen nur das Flugzeug fliegen.“

Wenn dieses Reaktionsprodukt ins Meer gelangt, könnte es dort zur Entsäuerung der Ozeane beitragen – eine weitere indirekte Klimawirkung der Technologie. Die CO2-Bindung sei kein zusätzlicher technischer Aufwand, sondern ein kostenloser Umwelteffekt: „In diesem Fall ist es ein Nebenprodukt“, so Chiang weiter.

Kommerzialisierung angelaufen: Fokus auf Drohnen und Regionalverkehr
Noch befindet sich die Technologie im Prototypenstadium, doch das Forscherteam hat bereits ein Unternehmen gegründet: Propel Aero, angesiedelt im MIT-Startup Inkubator „The Engine“.

Das von den Forschern vorgesehene System würde mit einer nachfüllbaren Kartusche arbeiten, die mit flüssigem Natriummetall gefüllt und versiegelt wird. Ist sie leer, wird sie zu einer Nachfüllstation zurückgebracht und mit frischem Natrium befüllt. Natrium schmilzt bei 98 Grad Celsius – also knapp unter dem Siedepunkt von Wasser – und lässt sich daher leicht auf Schmelztemperatur erhitzen, um die Kartuschen wieder aufzufüllen.

Ziel ist zunächst die Entwicklung einer ziegelsteingroßen Brennstoffzelle mit etwa 1.000 Wh, ausreichend, um beispielsweise eine große Drohne anzutreiben. Damit soll das Konzept in einer praxisnahen Form demonstriert werden, die etwa in der Landwirtschaft eingesetzt werden könnte. Das Team hofft, innerhalb des nächsten Jahres eine solche Demonstration entwickeln zu können.

Das Erreichen von 1.000 Wattstunden pro Kilogramm gilt als kritische Schwelle für den Einstieg in die elektrische Luftfahrt und wäre zudem eine Schlüsseltechnologie für die regionale elektrische Luftfahrt, die laut Chiang etwa 80 Prozent der Inlandsflüge und 30 Prozent der Emissionen aus dem Luftverkehr ausmacht.

Auch die Rohstofffrage scheint geklärt. Natriummetall wurde bereits früher in großem Maßstab industriell hergestellt, etwa zur Produktion von Tetraethylblei für Benzin. „Das erinnert uns daran, dass Natrium einmal sicher in großen Mengen produziert und verteilt wurde“, so Chiang weiter.


© IWR, 2025


03.06.2025

 



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