Energiejobs.de

Das Karriereportal der Energiewirtschaft seit 2000

Drohende Stilllegungen: Ausbleibendes Biomassepaket wird zur Belastung für die Energiewende

© Adobe Stock© Adobe Stock

Berlin - Das Biomassepaket bleibt vorerst in Brüssel liegen – mit potenziell massiven Folgen für die Bioenergiebranche und die gesamte deutsche Energiewirtschaft. Bioenergieverbände schlagen Alarm und warnen vor einem Verlust von Kapazitäten im Umfang mehrerer Gaskraftwerke, sollten kurzfristig keine politischen Lösungen gefunden werden.

Die Bundesnetzagentur hat die Ausschreibungsbedingungen für Oktober veröffentlicht – ohne Berücksichtigung des noch nicht genehmigten Biomassepakets. Dadurch droht hunderten Bioenergieanlagen das Aus. Die Bioenergieverbände im Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) fordern eine sofortige Überbrückungslösung und warnen vor einer Stilllegungswelle mit erheblichen Auswirkungen auf die Energiewende.

Ausschreibung ohne Biomassepaket: Branche in Alarmbereitschaft
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 27. August die Eckdaten für die Biomasseausschreibung im Oktober veröffentlicht – jedoch auf Basis des EEG in der Fassung vom 24. Februar 2025. Damit fehlt die beihilferechtliche Grundlage des Biomassepakets, das zwar im Bundestag beschlossen, aber bislang nicht durch die EU-Kommission genehmigt wurde.

„Mit den heute veröffentlichten Bedingungen für die kommende Oktoberausschreibung durch die BNetzA steigt die Wahrscheinlichkeit weiter, dass auch in der zweiten Ausschreibungsrunde in 2025 nicht die vom Gesetzgeber Anfang des Jahres beschlossenen höheren Ausschreibungsvolumen greifen“, erklärt Sandra Rostek, Leiterin des HBB. Laut BNetzA gelten die Regelungen des EEG in der am 24. Februar 2025 geltenden Fassung, sofern die beihilferechtliche Genehmigung nicht bis zum 30. September 2025 erteilt wird.

Die Konsequenz: Für die Ausschreibung steht statt des vorgesehenen Volumens lediglich ein reduziertes Kontingent von rund 363 Megawatt bereit. Nach Einschätzung der Bioenergieverbände ist damit erneut keine ausreichende Beteiligung bestehender Anlagen möglich – obwohl der Bundestag Anfang des Jahres ein deutlich höheres Ausschreibungsvolumen beschlossen hatte.

„Für die Bioenergiebranche ist das heute ein schwarzer Tag. Nach einem vielversprechenden Koalitionsvertrag und der zuvor historischen, parteiübergreifenden Einigung im Bundestag ist das Biomassepaket letztendlich in den Mühlen der Bürokratie stecken geblieben“, kommentiert Marlene Mortler, Vorsitzende des Bundesverbands Bioenergie. Die Branche sehe sich durch die Verzögerung gezwungen, Investitionen in Milliardenhöhe zurückzuhalten. Gleichzeitig drohe die Stilllegung hunderter leistungsfähiger, dezentraler Anlagen.

Bernhard Krüsken vom Deutschen Bauernverband betont die Dringlichkeit einer kurzfristigen Lösung: „Selbst wenn der Genehmigungsprozess noch vor dem ersten Oktober abgeschlossen würde, käme dies für viele Anlagen zu spät.“ Als Übergang schlägt Krüsken eine de-minimis-kompatible Überbrückungshilfe vor, die ohne Gesetzesänderung und zusätzliche Haushaltsmittel möglich wäre.

Notifizierungsprozess gestartet – doch die Zeit läuft davon
Die Bioenergieverbände hatten zwar am 18. August gemeldet, dass der Notifizierungsprozess des Biomassepakets bei der EU-Kommission offiziell eingeleitet wurde. Dennoch bleibt unklar, ob die Freigabe rechtzeitig vor der Oktoberausschreibung erfolgen kann. Die EU hat grundsätzlich bis zu zwei Monate Zeit für eine Entscheidung – eine Frist, die im energiepolitischen Kontext bereits zu lang sein könnte.

„Allein in der Biogasbranche warten Berechnungen der Bioenergieverbände zufolge bis zu einem Gigawatt gesicherter Biogas-Kapazität dringend auf einen Zuschlag bei der Biomasseausschreibung“, erklärte Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. Ohne rechtzeitige Genehmigung drohe der Ausfall dieser Kapazitäten. Zahlreiche bestehende Biomasseanlagen, inklusive einer großen Zahl erneuerbar betriebener, dezentraler Gaskraftwerke, würden ohne Notifizierung wegbrechen, bevor überhaupt ein einziges, neues, fossiles Gaskraftwerk von Seiten der Bundesregierung ausgeschrieben wurde, so Rostek weiter.

Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas, warnt vor langfristigen Effekten: „Anlagen, die erst einmal stillgelegt sind, fehlen uns langfristig im Energiesystem der Zukunft! Eine kurzfristige Übergangsregelung schafft Anlagenbetreibern die Option, sich in zukünftigen Ausschreibungen nach den Vorgaben des dann hoffentlich genehmigten Biomassepakets zu beteiligen.“ Bis zu 24 Gigawatt flexibler Leistung könnten langfristig allein aus der Biogasbranche bereitgestellt werden und Stunden mit geringem Wind- und Solarstromangebot kostengünstig ausgleichen.

Die Bioenergieverbände sehen im Biomassepaket einen zentralen Baustein für ein resilientes, dezentrales Energiesystem. Dieses Potenzial werde nun durch administrative Verzögerungen ausgebremst.

Ausblick: Politischer Wille entscheidet über Energiesicherheit
Ob das Biomassepaket noch rechtzeitig Wirkung entfalten kann, hängt maßgeblich von der Geschwindigkeit der EU-Kommission und der Handlungsbereitschaft der Bundesregierung ab. Die Bioenergiebranche drängt auf schnelle Entscheidungen, um Stilllegungen zu vermeiden und ihre Rolle im zukünftigen Energiesystem zu sichern. Ein weiteres Zögern könnte nicht nur wertvolle Kapazitäten kosten – sondern auch das Vertrauen in die Verlässlichkeit energiepolitischer Rahmenbedingungen.

Die Bioenergieverbände haben Vorschläge zur De-minimis-Regelung sowie zum Biomassepaket 2.0 und den noch nötigen EEG-Änderungen nach der Genehmigung des Biomassepakets vorgelegt.


© IWR, 2025


28.08.2025

 



Jobs & Karriere - Energiejobs.de
Veranstaltungen - Energiekalender.de